

Stundenbuch, aus der Werkstatt des Bedford-Meisters bzw. von Meister des Jean Rolin, Paris, 1440, Tinte, Pigmente und Blattgold auf Pergament, Basel, Universitätsbibliothek, UBH CL 207, ff. 29v-30r.
Von Joël Berger, Anastasia Serratore und Elwira Spychalska
Die Öffnung zeigt die Verkündigung an Maria durch den Erzengel Gabriel, der sie mit einem „Ave“ begrüsst. Die Szene leitet die erste Stunde, die Matutin, im Marienoffizium ein. Die betende Jungfrau im Bild dient als vorbildhafte Darstellung für das frühmorgendliche Gebet. Die üppige, farbenfrohe und goldene Vegetation der Bordüre verstärkt die Feier der wundersamen Fruchtbarkeit.

In der Miniatur wird Marias jungfräuliche Schwangerschaft als ein Wunder dargestellt, das von Gott dem Vater (oben links) durch die Taube des Heiligen Geistes, begleitet von schimmernden Lichtstrahlen, gewirkt wurde. Als Maria ruhig den Gruss des Engels entgegennimmt, wird sie göttlich erleuchtet und in die Mutter Gottes verwandelt. Die Betonung des Lichts in der Miniatur erstreckt sich auf die schöne florale Randverzierung, die das zentrale Bild und den Textblock umgibt. Die Bordüre funkelt dank der grosszügigen Verwendung von Blattgold. Die stacheligen goldenen Blätter und filigranen Ranken des Efeus kontrastieren mit den fantastischen federartigen Akanthusblättern, die aus den Rahmenecken spriessen. Die üppige, differenzierte Randverzierung ist charakteristisch für die vollendete Pariser Buchmalerei des 15. Jahrhunderts.

Vorschau Phase II (ab 17. Juni 2025)
König Davids erhellende Reue


UBH CL 207, ff. 104v-105r.
In der Miniatur kniet König David an einem Pult—seine Hände flehend zum Himmel erhoben—während er die sieben Busspsalmen rezitiert. Dahinter entfaltet sich eine weite Landschaft dominiert von einer massiven Flussbrücke mit regem Verkehr. Die Busspsalmen galten als Ausdruck von Davids Reue. Die Szene ermutigt dazu, Davids Demut und Hingabe nachzuahmen, während die Busspsalmen auf den folgenden Seiten rezitiert wurden.

Die Harfe, das offene Buch und die Krone weisen David als König Israels und Verfasser der Psalmen aus. Diese Attribute betonen seine Doppelrolle als frommer Dichter und von Gott auserwählter Herrscher. Über ihm erscheint Gottvater in einer sonnenartigen Gloriole, die seine allmächtige Kraft und erleuchtende Gnade der Vergebung versinnbildlicht. Die ausgedehnte Landschaft im Hintergrund, durchzogen von einem Fluss mit einer Brücke, erinnert weniger an das biblische Jerusalem als vielmehr an mittelalterliche europäische Städte. Dadurch wird Davids Busse in einen vertraut-lokalen Kontext übertragen, der den mittelalterlichen Betrachter:innen näherstand. Funkelndes Muschelgold veredelt den mit Blumenmotiven geschmückten Rand, während Blattgold die Initiale zum Strahlen bringt.